The Long Journey Home angespielt: Lautlos im Weltraum

In The Long Journey Home läuft so ziemlich alles schief, was schief gehen kann: Ich strande im Weltraum, meine Crew ist verletzt und das Raumschiff fällt langsam auseinander. Wunderbar, sind ja nur ein paar tausend Lichtjahre bis nach Hause.

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The Long Journey Home angespielt: Silent Running
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

The Long Journey Home will vieles sein: Space Opera, Strategiespiel und Geschicklichkeitstest. Zusammen mit einer ambitionierten Story und dem Roguelike-Spielprinzip klingt das wie ein Traum für Science-Fiction-Fans. Aber wie so oft bei großen Versprechen muss die Erwartung bald der schnöden Realität weichen.

"Wo krieg ich nur neuen Treibstoff her? Was ist mit diesem Planeten da? Ach, Mist. Zu viel Gravitation. Die reißt meinen Lander sofort zu Boden. Wenn ich aber jetzt bald nichts finde, geht mir der Sprit aus und die Reise ist vorbei. Vielleicht noch mal schnell Nottanken an der Sonne? Wegen der Strahlung ziemlich gefährlich, aber mir bleibt wohl nix anderes übrig. Wie? Was wollen diese Aliens jetzt von mir? Ich soll für sie einen Sklaven transportieren? Moralisch fragwürdig, aber im Weltraum gelten halt andere Gesetze."

So ungefähr sieht mein Alltag in The Long Journey Home des Hamburger Entwicklerstudios Daedalic aus. Dabei war die Aufgabe anfangs doch so simpel. Ich sollte einen neuen Hyperantrieb ausprobieren, ein Raumschiff und eine Crew auswählen und losdüsen. Dummerweise ging irgendetwas schief und während mein neunmalkluger Wissenschaftler sarkastische Bemerkungen von der Leine lässt, muss ich mich nun um den Zustand meines Schiffs kümmern und die lange Rückreise zur Erde planen.

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Im Wesentlichen muss ich zufallsgenerierte Planeten anfliegen und Rohstoffe sammeln. Das ist leichter gesagt als getan, denn Hindernisse wie Gravitation oder Strahlung machen mir das Leben schwer. Um in die Planetenumlaufbahn einzutreten, muss ich sie exakt berechnen und meinen Schub dosieren, damit ich nicht gleich einen unsanften Aufprall erlebe. Das ist anfangs ziemlich knifflig und erinnert vom Anspruch her an die Docking-Manöver in Elite. Ähnlich wie dort reichen aber ein paar Übungseinheiten, um sie zu meistern

Das Rohstoffsammeln ist ein simpler, aber anspruchsvoller Geschicklichkeitstest. Ähnlich wie im Klassiker Lunar Lander muss ich meine Landekapsel durch Schub und Gegenschub über den Planeten manövrieren und an der entsprechenden Stelle nach Rohstoffen bohren. Allerdings machen mir starke Winde und die elende Gravitation öfters einen Strich durch die Rechnung. Dann rase ich an meinem Ziel vorbei oder stürze sofort auf die Planetenoberfläche. Ärgerlich: Manchmal ist der Boden so uneben, dass mein Lander ständig abrutscht und ich festhänge.

Außerdem treffe ich regelmäßig Aliens, die mir Aufträge geben oder mich mit wichtigen Informationen über die Galaxis versorgen. Nur mit ihrer Hilfe finde ich Schiffswerften, in denen ich mein Raumgefährt verbessern kann. Oder Sprungtore, die mich schnell ein großes Stück näher an mein Ziel bringen. Richtig übel wird es, wenn ich auf feindliche Außerirdische treffe. Diese eröffnen schnell das Feuer, mit meinem trägen Raumschiff habe ich zumindest anfangs kaum eine Chance. Game over.

Überhaupt verzeiht das Spiel keine Fehler und ähnlich wie im Indie-Hit FTL muss ich meine Reise vorsichtig planen. Dennoch kann es schnell passieren, dass ich keinen Treibstoff mehr habe, meine Crew tödlich erkrankt oder mich der nächste Sprung mitten in ein Piratennest führt. So ist das nun mal beim Roguelike-Spielprinzip – der regelmäßige Neustart gehört einfach dazu. Zartbesaitete Spieler können deshalb auf den Entdecker-Modus zurückgreifen, in dem das Spielgeschehen ein wenig zurückgespult und ein weiterer Versuch gestattet wird.

Die audiovisuelle Gestaltung ist nüchtern und verzichtet auf jeden Schnickschnack. Während ich von einem Planeten zum nächsten reise, besteht mein Raumschiff nur aus einem simplen Pfeil. Beim Rohstoffsammeln wird der Planet lediglich als zweidimensionale Landschaft dargestellt. Das passt zum Lunar-Lander-Spielprinzip, ist aber wenig spektakulär. Auf eine Sprachausgabe muss ich trotz der vielen und teilweise witzigen Dialoge verzichten.

The Long Journey Home angespielt (5 Bilder)

Die handverlesene Crew. Jeder Charakter in The Long Journey Home hat unterschiedliche Fähigkeiten.

Vielleicht entwickelt sich im späteren Spielverlauf tatsächlich so etwas wie eine große Space Opera. Vielleicht entdecke ich dann tatsächlich interessante und nützliche Artefakte. Und vielleicht gewinne ich dann endlich mal eine Raumschlacht. Das Problem ist nur, dass mich The Long Journey Home gar nicht so weit kommen lässt.

Jeder Fehler wird gnadenlos bestraft und meine Reise endet, bevor ich auch nur an den Mysterien dieses interessanten Weltraumszenarios geschnuppert habe. Aber selbst wenn ich das Durchhaltevermögen für so eine lange Reise aufbringe, ändert sich nichts am monotonen Spielprinzip: Planeten anfliegen und Rohstoffe sammeln. Was nämlich zunächst spannend und herausfordernd war, wird schnell zur mühseligen Pflichtaufgabe. Etwas mehr Abwechslung hätte dieser Space Opera gut getan.

The Long Journey Home ist am 30. Mai für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen. Für unser Angespielt haben wir auf dem PC ein paar Stunden gespielt. (dahe)