Regulierer: Mobilfunkfrequenzen fünf Jahre verlängern – gegen Flächenabdeckung

Die etablierten Netzbetreiber sollen Frequenzen bis 2030 weiter nutzen dürfen und dafür in der Fläche ausbauen. 1&1 soll am Frequenzkuchen beteiligt werden.

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Mobilfunkantennen auf dem Dach eines Wohnblocks mit einem rötlichen Abendhimmel im Hintergrund.

(Bild: Timofeev Vladimir/Shutterstock.com)

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Die Bundesnetzagentur hat am Montag einen lange erwarteten Konsultationsentwurf zur anstehenden Vergabe von Mobilfunkfrequenzen in den Bereichen um 800 MHz, 1,8 GHz und 2,6 GHz veröffentlicht. Die Regulierungsbehörde will demnach die 2025 auslaufenden Frequenznutzungsrechte der drei etablierten Mobilfunknetzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica (o2) um fünf Jahre verlängern. Im Gegenzug sollen die ab 2030 etwa 99,5 Prozent der Fläche mit mindestens 50 MBit/s versorgen. Newcomer 1&1 soll zugleich auch Zugang zu Flächenfrequenzen erhalten. Zur Not will der Regulierer auch nationales Roaming durchsetzen.

Zu den Anforderungen gehört zudem, dass Telekom, Vodafone und Telefónica ab 2029 in jedem Bundesland 99 Prozent der Haushalte in Gemeinden im ländlichen Raum sowie alle Bundesstraßen mit 100 MBit/s sowie alle Landes- und Staatsstraßen sowie Binnenwasserstraßen mit 50 MBit/s ausstatten. Von 2030 an müssten sie zudem auch auf Kreisstraßen 50 MBit/s anbieten.

Der Neueinsteiger 1&1 will auch am Frequenzkuchen beteiligt werden und drängt auf eine Möglichkeit, selbst Nutzungsrechte erwerben. Das sieht die Bundesnetzagentur in ihrem Entwurf nicht vor, doch verknüpft sie die Verlängerung mit der Pflicht, 1&1 die "kooperative Mitnutzung" von mindestens 2×5 MHz Spektrum "unterhalb von 1 GHz" zu gewähren. Diese Auflage gelte als erfüllt, wenn einer der Anbieter dem Neuling Spektrum in diesem Umfang überlasse, erläuterte Müller.

Zudem will der Regulierer zugunsten des vierten Netzbetreibers erneut ein Verhandlungsgebot für nationales Roaming anordnen. Telefónica Deutschland soll parallel verpflichtet werden, die bestehende Überlassung von 2 x 10 MHz im 2,6-GHz-Band für die Laufzeit der Verlängerung auf Nachfrage von 1&1 fortzuführen. Würde ab 2026 von keinem bundesweiten Netzbetreiber National Roaming gewährt, behält sich die Netzagentur vor, eine entsprechende Mitnutzungsmöglichkeit anzuordnen. Müller erwartet, "dass der Markt eine Lösung findet". Zugleich setze man dafür Fristen, um im Notfall selbst entscheiden zu können.

1&1 zeigte sich in einer ersten Stellungnahme zumindest nicht ablehnend. "Einer kooperativen Lösung stehen wir offen gegenüber", sagte CEO Ralph Dommermuth am Montagnachmittag. "Wichtig ist, dass wir eine ausreichend große Frequenzmenge zu marktgerechten Konditionen nutzen können, um unsere mehr als 12 Millionen Kundinnen und Kunden angemessen zu versorgen."

Die Regulierungsbehörde bleibt damit im Wesentlichen bei ihrem Vorschlag, den sie im September schon in Eckpunkten skizzierte und zur Diskussion stellte. Bis zum 8. Juli können betroffene Unternehmen und Organisationen nun Stellungnahmen einreichen. Nach deren Auswertung soll dann im Herbst die 3-köpfige Präsidentenkammer der Agentur "im Benehmen" mit deren 32-köpfigen Beirat über die Frequenzvergabe entscheiden.

Das verlängerte Frequenzspektrum will der Regulierer zu einem späteren Zeitpunkt zusammen mit den 2033 auslaufenden Nutzungsrechten aus den Bereichen 700 MHz, 900 MHz, 1,5 GHz und 1,8 MHz für den Mobilfunk zur Verfügung stellen. Dann voraussichtlich wieder über eine Auktion. Eine solche Versteigerung könne aber "in vielfachen Ausprägungen" erfolgen, führte Müller aus. Auch dazu werde man den Markt konsultieren. Die Idee sei, ein möglichst großes Paket zu schnüren, damit "viele Akteure zum Zuge" kommen könnten.

Das geplante Frequenzverfahren sorgt bereits seit Längerem für Unruhe. So kam der Ex-Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio im Februar in einem Gutachten für 1&1 zum Schluss, dass das Vorhaben rechtswidrig sei. Forscher und Berater ermittelten zuvor im Auftrag der Netzagentur, dass für den Neuling keine speziellen Schutzmaßnahmen nötig sind. Die Monopolkommission plädierte dafür, die Lizenzen um maximal drei Jahre zu verlängern.

Das Bundeskartellamt hatte sich dagegen ausgesprochen, die Nutzungsrechte fortzuschreiben. "Die Frequenzvergabe ist ein ganz zentraler und vorentscheidender Faktor für den Wettbewerb im Mobilfunksektor", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt am Montag. "Wichtig ist, dass eine etwaige Verlängerung mit wirksamen wettbewerbsfördernden Maßnahmen flankiert wird." Man habe alle Bedarfe ausgewertet, versicherte Müller. Für den aufgezeigten Weg gebe es "regulatorisch gewichtige Gründe".

Scharfe Kritik kommt vom Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko): Mit dem Vorschlag mache die Bundesnetzagentur den etablierten Betreibern "gleich zwei Geschenke – ohne jeglichen Ausgleich für deren Wettbewerber". Neben der Verlängerung der Nutzungsrechte müssten die Platzhirsche auch künftig keine unliebsame Konkurrenz fürchten. Indem der Regulierer weiter "am wirkungslosen Verhandlungsgebot" festhalte, verpasse er die Chance, "mit der Einführung einer Diensteanbieterverpflichtung wirksamen Wettbewerb im Mobilfunk zu schaffen".

(vbr)