heise online auf Mastodon: Bilanz nach dem ersten Jahr im Fediverse

Der Kurznachrichtendienst Mastodon ist vor einem Jahr stark gewachsen. Auch heise online hat eine Präsenz eingerichtet und eine Twitter-Alternative vorgefunden.

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Mastodon (in der Oberfläche von Elk) auf einem Tablet​

Mastodon (in der Oberfläche von Elk) auf einem Tablet

(Bild: anlomaja/Shutterstock.com/heise online)

Lesezeit: 7 Min.

Als Twitter vor einem Jahr von Elon Musk gekauft wurde, setzte ein regelrechter Exodus ein, der viele Nutzer und Nutzerinnen vor allem zur damals größten Alternative Mastodon führte. Vor genau einem Jahr hat dann auch heise online einen eigenen Account in Betrieb genommen und begonnen, darüber Links zu Artikeln an die Follower im Fediverse zu verteilen. Und während sich das inzwischen in X umgetaufte Twitter zwar als widerstandsfähiger erwiesen hat, als von vielen erwartet, hat sich Mastodon als ernst zu nehmende Alternative etabliert. Das zeigen die Zahlen, die heise online in dem Zeitraum zu dem Account gesammelt hat. Inzwischen kommen demnach ungefähr so viele Besucher und Besucherinnen über Mastodon auf heise online, wie über X/Twitter.

In Betrieb genommen wurde am 9. November 2022 ein bereits vier Jahre vorher angelegter Account auf der größten Mastodon-Instanz mastodon.social, der bis dahin stumm geblieben war. Um herauszufinden, wie groß das Interesse dort am Newsticker überhaupt ist, wurden die geteilten Links schon bald um einen speziellen URL-Parameter erweitert. Weil bei Mastodon großer Wert auf Datenschutz und Privatsphäre gelegt wird, lässt sich anders nicht feststellen, wie oft die Links überhaupt geklickt werden. Das Vorgehen ermöglicht dabei keine individuelle Nachverfolgung der Besucher und Besucherinnen, sondern lediglich den aggregierten Blick darauf, wie viele Besuche über diese Links kommen.

Nach der Inbetriebnahme des Accounts ist nicht nur die Zahl der Follower massiv und schnell gestiegen, das Interesse an den Beiträgen wuchs ebenfalls rasch. Zweieinhalb Monate später ist der Account dann auf die hauseigene Instanz social.heise.de umgezogen, wo nicht nur weitere hauseigene Medien wie das c't Magazin und heise Security ein Zuhause im Fediverse bekommen haben: Auch Redakteure und Redakteurinnen sowie andere Angestellte haben sich hier Accounts eingerichtet. Inzwischen kommt @heiseonline@social.heise.de auf 61.000 Follower und über 12.000 Beiträge. Trotzdem bleibt der Abstand zu X/Twitter groß, der dort seit April 2007 bestehende Accounts hat mehr als 240.000 Follower.

Wie wenig Aussagekraft diese Zahl aber inzwischen hat, macht eine Auswertung der Zugriffszahlen deutlich: Allein die von heise online und den Magazinen auf Mastodon geteilten Links sorgten in den zwölf Monaten für etwa zwei Drittel so viele Besuche des Newstickers, wie X/Twitter insgesamt. Gleichzeitig darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die absoluten Zahlen vergleichsweise niedrig sind, Twitter war als Trafficquelle für Medien wie heise online nie wirklich relevant. Dafür hängt Mastodon beziehungsweise das Fediverse X/Twitter bei der Zahl der Interaktionen locker ab und es ist nicht einmal knapp. So gibt es bei letzterem im besagten Zeitraum nur etwa ein Dutzend Tweets, die mindestens 50 Mal geteilt wurden – auf Mastodon sind es über 250.

heise online auf Mastodon (4 Bilder)

Entwicklung der Followerzahl

Konstatieren lässt sich nach den zwölf Monaten aber auch, dass die Zugriffe über Mastodon ihren Höhepunkt um den Jahreswechsel erreicht haben. Seitdem gehen sie langsam zurück – wobei aber zu bedenken bleibt, dass die Herkunft eines gewissen Teils der Zugriffe unter anderem wegen der Datenschutzeinstellungen immer versteckt bleibt. Auch bei den Interaktionen zeigt sich dieser Trend: Von den 20 beliebtesten Beiträgen auf Mastodon stammt die Hälfte aus den ersten drei Monaten. Der jüngste Eintrag in dieser Bestenliste ist zwei Monate alt. Diese Entwicklung bedeutet aber nicht, dass es bei X/Twitter aufwärts geht. Zugriffe von dort gehen ebenfalls zurück. Möglicherweise profitiert stattdessen jetzt mit Bluesky die nächste Alternative. Als Einstiegsquelle kann der noch nicht frei verfügbare Kurznachrichtendienst bei heise online aber nicht einmal ansatzweise mit Twitter oder Mastodon mithalten.

Im Mittel werden die Beiträge von heise online und den anderen Magazinen fast 20 Mal geteilt und favorisiert, das sind vergleichsweise hohe Werte. Nicht in Zahlen ausdrücken lässt sich derweil das restliche Feedback und vor allem die Qualität der Kommentare, die ebenfalls durchaus zahlreich unter den Beiträgen landen. Zumeist ist die Leserschaft hilfsbereit und mitteilungsbedürftig, vor allem – aber nicht nur – wenn es um Mastodon, X/Twitter und Elon Musk geht. Gibt es direkte Fragen oder andere Bitten, sich zu äußern, ist bei heise online auf keinem sozialen Netzwerk so viel los, wie auf Mastodon. Aber auch hier gehen die Zahlen inzwischen zurück, von den jüngsten Abschiedswellen bei X/Twitter haben Mastodon und das Fediverse offenbar nicht mehr wirklich profitieren können.

Zugleich sind Aufwand und Kosten vergleichsweise gering. Der ursprüngliche Account auf mastodon.social hat, wie alle dort, nichts gekostet, inzwischen fallen Kosten für die eigene Instanz an. Die belaufen sich im Monat auf einen hohen zweistelligen Betrag – technischer Support inbegriffen. Da die meisten Beiträge automatisiert abgesetzt werden, ist im Tagesbetrieb wenig Eingreifen nötig, der Moderationsaufwand ist bislang zu vernachlässigen. Finanziell sind die Folgen des Einzugs ins Fediverse also überschaubar, gleichzeitig passt das Netzwerk zu einem IT-Verlag und den Magazinen von heise medien.

Weil Mastodon – vor allem in der aktuellen Größe und Betriebsamkeit – immer noch ziemlich jung ist, besteht zudem die Möglichkeit, den Umgang und die Vorgehensweise dort auszuprobieren. Weil sich beispielsweise Hashtags blockieren lassen, kann der Account von heise online jede Woche die meistgelesenen Artikel – speziell gekennzeichnet – erneut teilen. Wer die Wiederholungen nicht mag, kann die einfach ausblenden, andere sehen möglicherweise verpasste Inhalte. Experimentiert hat heise online auch mit dem gegenseitigen Teilen der Beiträge, um die Sichtbarkeit der kleineren Accounts zu erhöhen. Aus der Community gibt es an solchen Versuchen konstruktive Kritik und hilfreiche Tipps.

Auch wenn Mastodon für heise online Twitter damit nicht abgelöst hat und das wohl auch erst einmal nicht mehr zu erwarten ist, hat das Ausstrecken der Fühler etwas gebracht. Rund um den Account von heise online hat sich eine große Community gebildet, von der der Newsticker und die Redaktionen längst profitieren. Zwar ist es um Mastodon und vor allem das Fediverse zuletzt wieder etwas ruhiger geworden ist, in dem Netzwerk selbst ist aber weiterhin viel los. Zuletzt hat sich das Wachstum auch stärker in den englischsprachigen Raum verlagert, wo jetzt immer mehr Medien aktiv geworden sind. Auch auf social.heise.de wird es voller, erst im Herbst sind nun auch @MakeMagazinDE und @techreview_de dazugekommen.

Accounts von heise medien auf Mastodon

(mho)