GMC Hummer EV: Elektrische Landmaschine mit Hundegang [Update 23. Okt. 2020]

Einen hoch motorisierten Pritschenwagen will GM ab 2022 verkaufen. Seine Eigenschaften prädestinieren ihn zur komfortablen Öko-Agrarmaschine.

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GMC Hummer

Der elektrisch angetriebene Pritschenwagen von GM soll 2022 in den USA verkauft werden.

(Bild: GMC)

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Inhaltsverzeichnis

General Motors hat den vor Jahren eingestellten zivilen Hummer als Elektro-Nutzfahrzeug wiedererweckt. Der geländegängige Pritschenwagen wird von drei Elektromotoren angetrieben, die zusammen eine Leistung von 737 kW und 15.500 Nm (sic!) maximales Drehmoment an beide Achsen übertragen. Aus dem Stand beschleunigt der Hummer EV, der seine Leistung variabel zwischen Front und Heck verteilen kann, in kaum mehr als drei Sekunden auf Tempo 100.

[Update 23. Okt. 2020]

Die aufs erste Lesen unglaublich scheinende Drehmomentangabe beruht auf einer neuen Mode bei US-Herstellern, bei Elektrofahrzeugen nun nicht mehr das Drehmoment des Antriebs anzugeben, sondern das Raddrehmoment. Das verhindert natürlich jede Vergleichbarkeit mit konventionell angetriebenen Autos. Man muss dahinter einen PR-Stunt der Hersteller vermuten. GMC gibt für den vorderen Antrieb das Übersetzungsverhältnis mit 13,3:1, das hintere mit 10,5:1 an. Bei einem von GMC behaupteten Raddrehmoment von 15.500 Nm und der Annahme, dass die drei Elektromotoren das gleiche Drehmoment haben, kommt Jason Fenske vom Youtube-Channel Engineering Explained auf rund 452 Nm pro Motor, also 1356 insgesamt. Das theoretische Drehmoment nach der Übersetzung liegt dann je Antriebswelle bei 3875 Nm – ein üblicher Wert in der Welt der Geländewagen.

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Landmaschinenwandel: GMC Hummer EV (15 Bilder)

Zum Holz machen in den Wald? Hoffentlich hat GM auch an Drehstromsteckdosen für die Sägen gedacht ...

350 kW-Gleichstromladung und 560 km Reichweite

Bei vernünftigerer Fahrweise ermöglicht das Akkupaket im Fahrzeugboden laut Hersteller eine Reichweite von mehr als 560 Kilometern. An einem 350 kW-Gleichstromladegerät soll man unter günstigsten Bedingungen rund zehn Minuten pro 160 Kilometer Reichweite laden können und wäre damit im P3 Charging Index ganz vor dabei.

Um die mächtige Mittelkonsole gruppieren sich fünf langstreckentaugliche Sitzplätze. Heckscheibe und Laderaumabdeckung lassen sich wie die Seitenfenster elektrisch öffnen. Wo früher der thermodynamische Antrieb saß, bietet der Hummer nun einen im Gegensatz zur Ladefläche wettergeschützten Kofferraum. Bei Tesla heißt das "Frunk" (ein Kofferwort aus "front" und "trunk"). Die Heckklappe bietet eine Aufstiegshilfe zur Pritsche.

Beide Achsen können die Räder bei geringen Geschwindigkeiten gleichsinnig einschlagen, sodass der Hummer auch schräg seitwärts fahren kann. Diesen als Option erhältlichen "Crab Mode" kannte der typische Kunde bisher nur von spezialisierten Maschinen für die Landwirtschaft – dort heißt es auf Deutsch "Hundegang". Der praktische Vorteil auf dem Acker ist die Bodenschonung, weil sich das Maschinengewicht auf zwei versetzte Spuren verteilt. Daraus lässt sich folgern, dass es bei einem Geländefahrzeug die Gefahr des Einsackens bei weichem Boden mindern könnte.

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Serienmäßige 35-Zoll-Räder, optional gibt es auch welche im 37-Zoll-Format, bringen bereits eine überdurchschnittlich hohe Bodenfreiheit und gute Freigangswinkel. Sollte das einmal nicht mehr genügen, kann die Luftfederung sie um knapp 15 Zentimeter vergrößern. Die angegebenen 60 Zentimeter Wattiefe halten wir daher für eine Untertreibung. Leider scheinen Kunstgriffe wie die Luftfederung (und wahrscheinlich auch Torque Vectoring) unumgänglich, der neue Hummer bekommt vorn wie hinten eine den Bildern nach zu urteilen vor allem straßenorientiert konstruierte Einzelradaufhängung.

Damit im unwegsamen Gelände keine Aggregate beschädigt werden, sind Achsen und Batteriepaket zusätzlich geschützt. Kameras zeigen dem Fahrer die relevanten Bereiche, auch den unter dem Fahrzeug. Auch das kennen die Kunden vom Land bereits von ihren Agrarmaschinen. Die Bilder aus den Venture-Cams werden auf einem 13,4 Zoll großen Zentraldisplay angezeigt. Hinter dem Steuer blickt der Fahrer auf ein Instrumentencluster mit einer 12,3 Zoll großen Diagonale.

Für Fahrten auf der Straße ist der Elektro-Geländewagen mit Fahrerassistenzsystemen der neuesten Generation ausgestattet. Super Cruise – bekannt von verschiedenen Cadillac-Modellen – soll es auf US-Highways ermöglichen, auch einmal die Hände länger vom Steuer zu nehmen.

Produktionsstart im für 2,2 Milliarden Dollar umgebauten Stammwerk Detroit-Hamtramck für den GMC Hummer EV wird Ende 2021 sein, sodass er wohl erst zu Jahresbeginn 2022 zu den Händlern kommt. Unwahrscheinlich, dass er auch in Europa angeboten wird.

(fpi)